Inklusion ist ein Menschenrecht. In der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (VN-BRK) verpflichten sich daher die Vertragsstaaten in Artikel 32 dazu, ihre Entwicklungszusammenarbeit (EZ) inklusiv zu gestalten. Auch im Menschenrechtskonzept der deutschen Entwicklungspolitik aus dem Jahr 2023 formuliert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zentrale Anforderungen an eine inklusive EZ. Sie folgt damit neben der VN-BRK auch der Agenda 2030 und ihrem Leitprinzip „Niemanden zurücklassen.“ Das Menschenrechtskonzept dient staatlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren der deutschen EZ als Grundpfeiler für die Planung und Implementierung inklusiver Entwicklungsmaßnahmen. Das entwickelte Qualitätsmerkmal „Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung und Inklusion“ dient als „Gütesiegel“ und soll in allen Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit angewendet werden.
Trotz der in der VN-BRK definierten rechtlichen Grundlagen können Menschen mit Behinderungen in der Regel nicht gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben. Sie haben selten Zugang zu Bildung und zum Arbeitsmarkt, zu Gesundheits- und sozialen Sicherungssystemen oder auch zu Finanzdienstleistungen. Krisen wie die Covid-19-Pandemie, kriegerische Auseinandersetzungen oder Vertreibungen verstärken diese Ungleichheiten zusätzlich.
Um Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu fördern, verfolgt die deutsche Regierung in der EZ zwei Ansätze: „Disability Mainstreaming“ und „Empowerment“. Das Konzept des „Disability Mainstreaming“ bedeutet, Inklusion von Menschen mit Behinderungen als zentrales Element in bestehende Strukturen, Programme und Aktivitäten aufzunehmen. Hier wird die Inklusion von Menschen mit Behinderungen also als Querschnittsthema definiert, das in allen gesellschaftlichen und politischen Bereichen berücksichtigt werden muss. „Empowerment“ hingegen zielt darauf ab, Menschen mit Behinderungen in die Lage zu versetzen, selbstständig und selbstbestimmt zu leben und aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben.
Behinderung, Gender und Intersektionalität in der deutschen EZ
Um Ungleichheiten zu beseitigen, nimmt die deutsche Entwicklungspolitik außerdem Aspekte der Mehrfachdiskriminierung in den Blick. Besondere Aufmerksamkeit sollten demnach Menschen mit Behinderungen erfahren, die aufgrund weiterer Merkmale wie etwa Religionszugehörigkeit, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Herkunft häufig mehrfach diskriminiert werden („Intersektionalität“). Beispielsweise sind Frauen und Mädchen mit Behinderungen überproportional häufig von Menschenrechtsverletzungen betroffen. Deshalb verpflichtet Artikel 6 der VN-BRK staatliche Stellen dazu, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, damit Frauen mit Behinderungen ihre Rechte gleichberechtigt wahrnehmen können. Dazu gehört die Stärkung der Autonomie und das Empowerment von Frauen mit Behinderungen.
Selbstvertretungsorganisationen
Organisationen von Menschen mit Behinderungen (eng. Organisations of Persons with disabilities, OPDs) gelten als legitimierte Interessengruppen von Menschen mit Behinderungen. OPDs können spezifische Behindertenorganisationen sein (d. h. sie bestehen aus Mitgliedern mit einer spezifischen Behinderung) oder behinderungsübergreifende Organisationen (d. h. Organisationen, die sich aus Personen mit verschiedenen Behinderungen zusammensetzt). Sie arbeiten daran,
a) die Rechte von Menschen mit Behinderungen durchzusetzen und die Lobbyarbeit voranzutreiben.
b) die Öffentlichkeit über die Interessen von Menschen mit Behinderungen zu informieren.
c) dafür zu sorgen, dass die Regierungen und andere relevante Organisationen die Rechte von Menschen mit Behinderungen fördern.
d) als Expert*innen andere Institutionen zu beraten.
e) ihre eigenen Entwicklungsprojekte durchzuführen und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen anzubieten.
In der Handreichung „Inklusion in der Projektplanung“ erfahren Sie, wie Sie Projekte in der EZ inklusiv gestalten können: Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der Projektplanung (giz.de)